Gedanken zur Gründung eines Tauschring

Wie gründe ich einen Tauschring?
von Helfried Lohmann, Stand: 20.04.2002

Es folgt eine Zusammenstellung der organisatorischen Überlegungen, die ich in einer kleinen Vorbereitungsgruppe abstimmen würde, bevor zu einer öffentlichen Gründungsversammlung in der Zeitung aufgerufen wird.

Welchen Schwerpunkt soll der Tauschring bekommen?

Das Spektrum der Tauschsysteme reicht von kommerziellen Barter-Clubs über Senioren-Genossenschafte bis zu rein sozialen Nachbarschaftskreisen ohne Verrechnungseinheiten. Die meißten Tauschringe tauschen Dienstleistungen und in geringerem Umfang auch Waren im privaten Rahmen, ergänzend zur Euro-Ökonomie.

Wieviel Demokratie braucht es im Tauschring?

Ein wichtiger Punkt der Identifikation ist die möglichkeit der Mitbestimmung. Tauschringe sind selbstorganisierte soziale Projekte mit basisdemokratischen Strukturen bis hin zu Dienstleistungsbetrieben oder irgendwo dazwischen?

Welche Rechtsform soll der Tauschring haben?

Viele gut funktionierende und alt eingesessene Tauschkreise sind schlichte BGB-Gesellschaften mit einem Organisationsteam als Geschäftsleitung. Andere Tauschringe sind nicht eingetragene oder eingetragene Vereine, und einige haben die Gemeinnützigkeit anerkannt bekommen (Freistellungsbescheid vom Finanzamt). Ich kann im Vergleich der Mitgliederentwicklung und Tauschaktivität vieler Tauschringe keine Tendenz erkennen, ob die Gesellschaften, oder die gemeinnützigen Vereine besser funktionieren. (siehe Bundes-Adressliste).

Welche Verechnungseinheit soll der Tauschring haben?

Die meisten tauschringe in Deutschland haben mehr oder minder flexible Zeitwährungen. Viele haben 20 Talente = 1 Stunde in anlehnung an die frühere DM. Einige haben starre Regelungen, die keine individuellen Abweichungen erlauben, andere haben keine Vorgaben, wie die Talente zu bewerten sind.

Wollen wir gewerbliche Teilnehmer?

Gewerbliche Teilnehmer bereichern die Angebote im Tauschring erheblich. Auf der anderen Seite steht gewerbliche Kalkulation dem Zeittausch entgegen und ist nicht leicht vereinbar mit rein sozial motivierter Nachbarschaftshilfe. Es gab mal die Empfehlung, daß Gewerbetreibende als Tauschring-Idealisten gern gesehen sind. Pragmatisch zeigt sich, daß die Bezahlung der gewerblichen Material- und Fixkosten in Euro und die Arbeitszeit in Talenten brauchbar ist.

Wie viel Beiträge sollen die Teilnehmer bringen?

Für die organisation fallen mehr oder minder viele Kosten und Arbeiten an. Je nachdem, ob ein eigenes Büro angemietet wird, oder zu Hause gearbeitet wird. Manchmal werden die Büro-Kosten von privaten Förderern oder anderen Trägern übernommen. Die Organisationsarbeit wird meißt ehrenamtlich, teilweise gegen Talente und selten durch bezahlte (ABM-) Arbeitskräfte aus sozialen Institutionen die Organisationsarbeit geleistet. Tauschringe mit bezahlten ABM-Stellen überleben den Wegfall der Arbeitsstelle oft nicht.

Wie soll mit Persönlichen Daten umgegangen werden?

Tauschringe sind keine Bank und so etwas wie das klassische Bankgeheimnis widerspricht dem sozialen Anspruch der Tauschringe. Auf jeden fall sollen die Adresse und Daten vor Fremden geschützt sein und nicht weiter gegeben werden. Die Vornamen und Kontonummern können können in der Marktzeitung veröffentlicht werden. Die Kontostände sind in den meisten Tauschringen transparent (stehen z.B. auf der Adressliste). Die Umsätze und Zahl der Transaktionen sind auch ganz wichtige Hinweise für andere Tauschring-Teilnehmer. Wer mit wem was getaucht hat, muß nicht unbedingt für jeden im Tauschring interessant sein, und wie mit Beschwerden über die Zuverlässigkeit einzelner Teilnehmer umzugehen ist, dazu traue ich mich nicht eine allgemeingültige Empfehlung auszusprechen.

Soll es eine feste öffentliche Adresse geben?

Eine feste, öffentlich zugängliche Büroadresse senkt die Schwelle zum Eintritt und kostet meist Geld. Treffen in privaten Räumen sind einfacher und billiger zu haben und fördern eine persönliche Athmosphäre. Viele Beitrittswille lesen etwas in der Zeitung und suchen dann im Ort (z.B. im Telefonbuch), ob es einen Tauschring gibt. Anrufe bei Privat fallen schwerer. ???und können bei wechsel der Verantwortlichen im Tauschring

Was braucht es noch? Checkliste:

 


 

Rechtsformen

Form

Vorteile

Nachteile

BGB-Gesellschaft

ohne Gesellschafts-Vertrag

  • Einfache Organisation
  • Nach BGB gilt Konsensbeschlußfassung
  • Persönliche Haftung der Organisatoren
  • evtl. gesamtschuldnerische Haftung aller Mitglieder

BGB-Gesellschaft

mit Gesellschafts-Vertrag z.B. die "Spielregeln" des Tauschring.

  • Einfache Organisation,
  • keine Hierarchien notwendig.
  • Persönliche Haftung der Organisatoren
  • Steuererklärung muß immer für alle gemacht werden.

Verein (nicht eingetragen)

Satzung und Praxis muß
dem deutschen Vereinsrecht
entsprechen.

  • Kein Ärger mit Registergericht
  • keine Kosten bei Eintragung.
  • Haftung auf das Vereinsvermögen beschränkt (wie bei e.V.)
  • Vorstände nicht persönlich haftend (soweit sich an Satzung und Protokolle gehalten wird)
  • keine juristische Handlungsfähigkeit
  • kein Telefonbucheintrag,
  • steuerlich wie Wirtschaftsverein (d.h. Körperschaftssteuer, die ist aber einfach wegen Geringfügigkeit)

Eingetragener Verein (e.V.)

Satzung muß dem deuschen Vereinsrecht entsprechen, mit Vorstand usw.

Es sollte kein "Wirtschaftsverein" sein.

  • Juristische Person,
  • eigener Telefoneintrag möglich,
  • Haftung auf Vereinsvermögen beschränkt
  • kann die öffentliche Fördergelder beantragen.
  • Viel Formalität, Eintragung kostet Geld, nützt wenig.
  • Gemeinnütziger Verein: Eingetragener Verein, der vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt ist, d.h. von der Körperschaftssteuer weitgehend befreit und Spenden an den Verein sind steuerlich absetzbar.
  • Gemeinnütziger Verein

    Satzung darf nur gemeinnützige oder mildtätige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung enthalten

    • Spenden an den Verein sind steuerlich absetzbar.
    • evtl. besser bei der beantragung öffentlicher Fördergelder
  • In der Satzung und Finanzbuchhaltung muß über die eigentlich fehlende Förderungswürdigkeit des Tauschens hinweg getäuscht werden.
  • Dienstleistungsfirma

    Handelsgesellschaft oder andere wirtschaftliche Rechtsform

    • Gute Handlungsfähigkeit
    • Kann evtl. Wirtschaftsförderung in Anspruch nehmen.
  • Wenig soziale Anerkennung
  • Wenig Bereitschaft zu ehrenamtlicher Mitarbeit.
  • Tauschbasis

    Form

    Vorteile

    Nachteile

    Zeitwährung

    Fix oder verhandelbar

    • Entspricht mehr dem Nachbarschafts-Hilfegedanken.
    • Abwertung der Leistungen gegenüber Ämtern möglich
    • Weg vom Geld-Denken
    • Kopabilität mit ca. 70% der anderen Tauschringe
    • Schwierig für gewerbliche Teilnehmer abzurechnen
    • Schwierig bei Sach-Tausch

    Geldequivalent

    1 Talent = 1 Euro

    • Einfacher für gewerbliche Teilnehmer.
    • Kompatibel mit angelsächsischen LETS-Systemen.
    • Sozial schwierig
    • Inkompatibel mit den meisten Tauschringe in Deutschland.

     

    Beiträge

    Form

    Vorteile

    Nachteile

    Beitrittsgebühr

    • Liquidität
  • höhere Hemmschwelle zum Eintritt
  • DM-Jahresbeitrag

    • notwendig für Telefon, Porto, Büromaterial, erstellung der Marktzeitung
    • schwierig einzutreiben

    Feste

    Talent-Beiträge

    • Solide Vergütung der Büroarbeit möglich
    • Passive Fördermitglieder bekommen ein Talent-Minus obwohl sie nichts tun und den TR durch ihren DM-Beitrag unterstützen.

    Umsatzabhängige

    Talent-Beiträge

    • Lasten werden am meisten durch die aktiven Teilnehmer getragen.
    • Die kleinen Umsätze, die viel Arbeit machen zahlen wenig, die großen Umsätze zahlen viel.

    Guthabenabhängige

    Talent-Beiträge

    • Lasten werden am meisten von den Leistungsfähigen Teilnehmern getragen
    • Die Leistungsfähigen fühlen sich benachteiligt (tauschen aber trotzdem weiter)

    Arbeitsbeteiligung bei der Organisationsarbeit

    • Sozialer Kontakt
    • hohe Belastung für die Organisatoren