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Letzte Änderung: 3.9.2006
Gewerbebetriebe als Mitglieder im Tauschring
Sind Gewerbebetriebe im Tauschring erwünscht oder nicht ? Das ist eine
Frage, die in vielen Tauschringen gestellt wird. Sie kann nicht allgemeingültig
beantwortet werden.
Die Entscheidung darüber, ob Gewerbebetriebe am Tauschring teilnehmen
sollen oder nicht, kann nur von jedem einzelnen Tauschring, nach seinen
eigenen Vorstellungen entschieden werden.
Für die Teilnahme von Gewerbebetrieben am Tauschring spricht:
- Gewerbebetriebe sind eine erhebliche Bereicherung des Angebots im
Tauschring.
- Die Teilnahme von Gewerbe am Tauschring ist von der steuerlichen
und auch rechtlichen Seite betrachtet kein Problem.
- Es gibt keine Gesetze, die es einem Unternehmen verbieten, sich an
einem Tauschring zu beteiligen.
Es ist jedem Tauschring freigestellt, ob er die Mitgliedschaft von Unternehmen
im Tauschring fördern will oder nicht, oder erst gar nicht zulassen
möchte.
Wenn sich ein Tauschring entschieden hat Gewerbebetriebe zu integrieren,
muss er darüber informiert sein, dass vom Gesetzgeber für die
gewerblichen Unternehmen bereits klare rechtliche und steuerliche Voraussetzungen
vorliegen. Deshalb sollten in den Tauschringen die Spielregeln insoweit
überprüft werden, ob für Gewerbebetriebe überhaupt
tragbare Teilnahmebedingungen vorliegen.
Die bisherigen Erfahrungen in Tauschringen haben gezeigt:
- Es ist schwierig, Betriebe zum Mitmachen zu bewegen.
- Gewerbebetriebe sind in Tauschringen gefragte Teilnehmer.
- Häufig nehmen sie wesentlich mehr Talente (Punkte......) ein,
als sie nach ihrer Meinung sinnvoll ausgeben können.
- Das führt in vielen Fällen soweit, dass der Gewerbebetrieb
seine Waren überhaupt nicht mehr für Tauscheinheiten abgibt.
Diese Tatsache führt in zweifacher Hinsicht zu Enttäuschungen
– einerseits sind die Betriebe enttäuscht, dass sie auf ihren Einnahmen
"sitzen" bleiben- anderererseits sind die Tauschring- TeilnehmerInnen enttäuscht,
weil sie durch den Gewerbebetrieb ein interessantes Angebot erwarten, das
dann letztendlich doch nicht vorhanden ist. Deshalb ist es wichtig bereits
vor der Teilnahme eines Gewerbebetriebs abzuklären, ob auch für
ihn interessante Angebote im Tauschring vorhanden sind. So können Enttäuschungen
vermieden werden.
Von der steuerlichen und der rechtlichen Seite ist die Teilnahme von
Gewerbebetrieben am Tauschring kein Problem, wenn man sich an die bestehenden
Gesetze hält. Auf die Dinge, die unbedingt beachtet werden müssen
möchte ich jetzt hinweisen.
Hinweis:
- Gewerbebetriebe im Tauschring müssen ihre Leistungen im Tauschring
genauso kalkulieren wie im normalen Euro-Geschäft.
- Das bedeutet, dass die üblichen Tauschringpreise (z.B. 20 Talent/Stunde)
für Gewerbebetriebe nicht einmal kostendeckend sind.
- Wenn sich ein Tauschring für die Integration von Gewerbe entschieden
hat, dann sollte er auch akzeptieren dass professionelle Leistungen
zu weitaus höheren Stundensätzen als es sonst im Tauschring
üblich ist abgerechnet werden.
- Dafür bieten sie die selben Gewährleistungs- und Qualitätsgarantien
wie bei den sonst üblichen Euro-Geschäften.
Was ist im Tauschring überhaupt steuerlich zu beachten?
Die Talenteinnahmen – und Ausgaben sind steuerlich wie Euro Einnahmen zu
betrachten.
In Tauschringen, die ihre Währung an der Landeswährung orientieren
ist das einfach. Man verwendet bei der Steuererklärung einfach den
festgesetzten Umrechnungsschlüssel. Viele Tauschringe rechnen 1:1
(Tauscheinheiten = Landeswährung) ab. Möglich ist auch den Umrechnungsschlüssel
frei zu wählen. Der frei gewählte Umrechnungsschlüssel
muss dann für alle TeilnehmerInnen dieses Tauschrings gleich sein.
Für Tauschringe, die ihre Währung an der Zeit orientieren ist
es erforderlich für ihre Zeiteinheit einen Landeswährungs-Wert
festzusetzen. (Z.B. Beispiel: 1 Stunde entspricht dem Wert von 20 Euro).
Natürlich kann auch hier der Landeswährungs-Wert in jedem Tauschring
frei gewählt werden. Dieser Wert muss dann ebenfalls für alle,
am jeweiligen Tauschring, beteiligten TeilnehmerInnen gleich sein.
Ich möchte zusätzlich bemerken, dass es nicht nur Einnahmen
sondern auch Ausgaben in Tauscheinheiten gibt. Diese Tauschring-Ausgaben
werden steuerlich wie Euro-Ausgaben behandelt.
Wenn z.B. ein Gewerbebetrieb einen Gewinn von 100.000,- Euro und ein
Minus von 10.000 Tauscheinheiten macht, werden diese 10.000 Tauscheinheiten
Verlust von den 100.000,- Euro Gewinn abgezogen. Die Steuer berechnet
sich dann aus einem Gewinn von 90.000,- DM. So entsteht aus einem Tauscheinheiten-Minus
eine Euro Steuerersparnis.
Tauschringe und Schwarzarbeit
Es bestehen klare steuerliche Regeln für Leistungen im Tauschring.
Das bedeutet, dass Tauschringe mit Schwarzarbeit nichts zu tun haben.
Ob Schwarzarbeit vorliegt oder nicht, liegt an der jeweiligen Person,
die ihre Einnahmen beim Finanzamt angibt oder auch nicht.
Schwarzarbeit kann im Euro-Bereich genauso wie in Tauschringen vorkommen.
Es ist sogar einfacher im normalen Euro-Bereich Schwarzarbeit durchzuführen
als im Tauschring. Denn im Tauschring werden alle Einnahmen und Ausgaben
verbucht bzw. im Tauschheft vermerkt, was im normalen Euro-Bargeldgeschäft
nicht der Fall ist.
Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass Tauschringleistungen überhaupt
– oder auch nur zum Teil nicht versteuert werden müssen, ist in den
bestehenden Steuergesetzen klar geregelt dass Tauscheinnahmen wie Euro-Einnahmen
zu betrachten sind.
Mit Tätigkeiten im Tauschring kann man keine Steuergesetze umgehen.
Ich hoffe, dass meine Ausführungen trotzdem niemanden davon abhalten
sich an einem Tauschring zu beteiligen. Die steuerlichen Voraussetzungen
geben eine Linie vor, an der man sich orientieren kann. Sie führt
keinesfalls zu übermäßigen finanziellen Belastungen.
Begründung die meisten Leistungen im Tauschring sind steuerfrei:
- Sie sind Nachbarschaftshilfe
- Sie fallen unter das Thema Geringfügigkeit und müssen steuerlich
nicht angegeben werden.
Zur Orientierung:
Geringfügige Leistungen müssen steuerlich nicht angegeben werden.
Die Finanzämter betrachten Leistungen im Wert von unter 400,- Euro
im Jahr als geringfügig.
Die steuerliche Relevanz hängt auch noch davon ab, ob eine Tätigkeit
nachhaltig ist bzw. nicht. Nachhaltig wäre z.B., wenn ein/e Tauschring-Teilnehmer/in
die gesamten Tauschwährungs-Einnahmen immer nur mit der selben Tätigkeit
erzielt.
Wenn Nachhaltigkeit vorliegt ist steuerlich gesehen die Geringfügigkeitsgrenze
früher überschritten und wird ab einer bestimmten Grenze als
Gewerbe betrachtet. Bei Gewerbe muss jede betriebliche Einnahme steuerlich
erfasst werden. Dafür wäre es vorteilhaft, wenn solche Tauschring-TeilnehmerInnen
ein Gewerbe angemeldet hätten.
Lichtblick:
Die Grenze dafür, dass etwas steuerpflichtig ist, bedeutet noch lange
nicht, dass auch Steuern bezahlt werden müssen, weil es Grundfreibeträge
gibt.
- Umsatzsteuerpflichtig ist ein Betrieb ab einem Jahresumsatz von 17.500,-
€
- Der Einkommensteuerfreibetrag für Ledige beträgt 7.664,-€
- Der Einkommensteuerfreibetrag für Verheiratete beträgt 15.328,-€
Ein weiterer wichtiger Hinweis:
Sogenannte Lohnersatzleistungen sind steuerfrei. Lohnersatzleistungen
sind z.B.:
- Krankengeld
- Mutterschaftsgeld
- Arbeitslosengeld
- Arbeitslosenhilfe
- und andere
Beispiel:
Das Arbeitslosengeld bzw. die Arbeitslosenhilfe sind steuerfrei. So wird
selbst ein Tauscheinheiten- Überschuss im Wert von 7.664,-€
pro Jahr bzw. 368,- Euro im Monat nicht dazu führen, dass überhaupt
Steuern bezahlt werden müssen.
Für Arbeitslose hat die Hinzuverdienstregelung beim Arbeitslosengeld
eine wesentlich größere Bedeutung als eine evtl. Steuerbelastung.
Auf Grund dieser Regelung kann das/die Arbeitslosengeld/hilfe durch die
Erzielung hoher Tauschring-Einnahmen gekürzt werden.
In wie weit Tauschring-Einnahmen auf die Sozialhilfe angerechnet wird
muss mit dem jeweiligen Sozialamt abgeklärt werden. In dieser Beziehung
gibt es in Deutschland sehr unterschiedliche Regelungen.
Renten sind nur zu einem gewissen Teil steuerpflichtig. Der steuerpflichtige
Teil der Rente ist der "Ertragsanteil" dessen Höhe ist unterschiedlich
und richtet sich meistens nach dem Beginn des Rentenbezugs. Als Richtsatz
für die Höhe des Ertragsanteil der Rente ist ca. 25 – 30 % der
bezogenen Rente. Wer es genau wissen will, hat die Möglichkeit bei
den Rentenversicherungsträgern bzw. dem Finanzamt nachzufragen.
Merksatz: Je früher der Rentenbeginn desto höher der "Ertragsanteil".
Wer mit seinem gesamten Einkommen (Euro und Tauschwährung) unter
der Freibetragsgrenze liegt muss überhaupt keine Steuern bezahlen.
Gewerbeanmeldung:
- Das Gewerbe muss beim Amt für öffentliche Ordnung bzw.
Rathaus (Gewerbeamt) angemeldet werden. Dabei wird man gefragt was für
ein Gewerbe angemeldet werden soll.
- TIP für Tauschring-TeilnehmerInnen: Hier bietet sich
am besten das Gewerbe "Dienstleistungen aller Art" an.
- Die Gewerbeanmeldung kostet ca. 20,- Euro einmalig (Dieser Betrag
ist von Amt zu Amt unterschiedlich), geht schnell, ist einfach und man
hat dafür eine absolut sichere steuerliche und rechtliche Grundlage,
wie die Tauschring Einnahmen und Ausgaben beim Finanzamt angegeben werden
müssen.
- Zusätzliche Arbeit machen: Die Umsatzsteuererklärung, die
Gewerbesteuererklärung sowie das zusätzliche Ausfüllen
eines Formulars bei der Einkommensteuererklärung. Der Papierkram
macht nicht allzuviel Mühe und ist relativ einfach. Wer selbst
keine Lust dazu kann das Angebot "Hilfe bei der Steuererklärung",
das in vielen Tauschringen vorhanden ist, nutzen.
- Prinzipiell ist es auch möglich, als Arbeitslose/r oder Sozialhilfeempfänger/in
ein Gewerbe anzumelden. Ich halte es für sinnvoll sich vorher mit
dem Arbeitsamt oder Sozialamt darüber abzusprechen. Besonders bei
den Sozialämtern wird das Thema "Tauschring" sehr unterschiedlich
behandelt.
Fazit:
- Gewerbe ist für viele Tauschringe eine sinnvolle Ergänzung.
- Wer Gewerbe im Tauschring integrieren will, muss sich allerdings
klar sein, dass man den gewerblichen Mitgliedern über ihre Preisgestaltung
keine Vorschriften machen soll.
- Auch der Tauschring selbst muss akzeptieren, dass die geltenden steuerlichen
und rechtlichen Regelungen auf gewerbliche Unternehmen auf jeden Fall
angewendet werden.
- Bei gewerblichen Leistungen gibt es keine Geringfügigkeit oder
Nachbarschaftshilfe.
- Das kann unter Umständen dazu führen, dass die im betreffenden
Tauschring bestehenden Spielregeln z.B. bei festen Stundensätzen
modifiziert werden müssen, damit Betriebe unter akzeptablen Bedingungen
am Tauschring teilnehmen können.
Norbert Baier im Dezember
2000
Talent-Tauschring Freiburg e.V.
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